Kryotherapie

In der Sportmedizin ist bei akuten Verletzungen die PECH-Regel (Pause – Eis –Compression – Hochlagern) weiterhin gültig. Doch wie wird eine effektive Kältetherapie beim verletzten Sportler durchgeführt?

Herkömmliche Kälteträger wie Kältebeutel, Kältekompressen, Eisbeutel, Eissprays etc. verändern ihre Temperatur während der Anwendung. Sie sind daher in der Regel nicht präzise bestimmbar, nicht regulierbar und können Haut und Gewebe schädigen.


Thermoschocktherapie (Kryotherapie)

Technik: Kryotherapie (Thermoschocktherapie) bewirkt dagegen einen Kälteschock mithilfe von hyperbarem CO2-Gas, das aus dem flüssigen Milieu einer Gasflasche mithilfe eines Steigrohres und einem Druck von ca. 1–2 bar als Trockeneis auf die Haut prallt und sie innerhalb von ca. 30Sek. auf 2–4°C herunterkühlt. Ein im Handstück der Geräte eingebauter Infrarotsensor misst dabei die Hauttemperatur unmittelbar im Behandlungsgebiet, sodass ein präzises Arbeiten z.B. auch im Gesicht oder in der Nähe einer Wunde gewährleistet ist.


Wirkprinzip

Der Thermoschock führt zu einer neuroreflektorischen Dilatation der Gefäße mit einem wesentlich schnelleren Abtransport der Entzündungsmediatoren wie Prostaglandin, Serotonin und Histamin. Außerdem erfolgt eine Lymphpumpenstimulation, die diesen Prozess nochmals beschleunigt. So werden Ödeme, Hämatome und lokale Entzündungen wesentlich schneller abgebaut als bei herkömmlicher Behandlung. Die Behandlung ist daher gerade für Sportler geeignet, um die Regenerationsphase zu verkürzen. Dabei werden die folgenden physiologischen Wirkungen beschrieben:

// Analgetische Wirkung durch Hemmung der Nozizeptoren

// Antiphlogistische Wirkung durch Hemmung der Entzündungsenzyme

// Vasomotorische Wirkung durch tiefe Vasodilatation innerhalb von 20–30Sek.

// Neurologische Wirkung durch Muskelrelaxation infolge eines myostatischen Reflexes im Rückenmark

In der Akutphase zielt eine derartige Blockade darauf ab, den akuten Schmerz zu lindern und präventiv auf unerwünschte Veränderungen im Rückenmark und Gehirn zu wirken. In der chronischen Phase sollen dagegen morphologische Reorganisationsprozesse angeregt werden, die wieder zur Normalität und damit Schmerzfreiheit führen. Daher ist die Thermoschockbehandlung auch für die Schmerztherapie geeignet.

Indikationen

// Akute Sportverletzungen, Prellungen, Hämatome, Zerrungen und Bandverletzungen

// Postoperative Behandlung von Schwellung und Schmerzen

// Rheumatische Entzündungen

// Sehnenbeschwerden wie z.B. Epicondylitis humeri radialis
und ulnaris, Fasciitis plantaris, Achilodynie, Tendinosis calcarea

// Schmerztherapie, z.B. bei Lumboischialgie, Cervico-Brachialgie, Algodytrophie (M. Sudeck) Stadium I und II

Vorteile der Behandlung mit dem „thermischen Schock“

Die Vorteile bestehen in einer positiven Beeinflussung von Hämatomen, Ödemen, Entzündungen, Muskelverspannungen und Bewegungseinschränkungen. Außerdem handelt es sich bei der risikoarmen Behandlungsform wie erwähnt um eine effektive Schmerztherapie, die eine schnelle Linderung von Schmerzen ohne langwierige Maßnahmen verspricht. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass es sich dabei um eine kostengünstige Therapie handelt.


Kontraindikationen der Behandlung

// Kryoglobulinämie

// Raynaud-Syndrom

// Diabetische Gangrän

// Behandlung an Schleimhäuten, Nase, Auge sowie an offenen Wunden


Übersicht:

Die bisher vorgelegten Untersuchungen/Studien zur Anwendung der Thermoschocktherapie sind gering. Eine gute breite Datenlage existiert bisher nicht. So konnte z.B. in einer Anwendungsbeobachtung der Thermoschocktherapie durch Heinz Lohrer und Tanja Nauck M.A., am Sportmedizinischen Institut Frankfurt am Main eine positive Beeinflussung der Fasziitis plantaris beschrieben werden. Dies galt insbesondere auch für bereits mit verschiedenen konservativen Verfahren vorbehandelte Patienten. In der neuesten Ausgabe des Buches „Muskelverletzungen im Sport“ (Müller-Wohlfahrt, Ueblacker, Hansel) werden die Vorteile der Kältetherapie im Kapitel Physikalische Therapie dargestellt. Hier wird das Thermoschockverfahren mit CO2-Gas zur Unterbrechung noziozeptiver Impulse und Schmerzreduktion empfohlen.


Exkurs Praxistipp:

Bewährt hat sich auch die Anwendung in Kombination mit Stoßwellentherapie bei Indikationen wie Kalkschulter, Fersensporn oder Epicondylitis. Hierbei wird die Kryotherapie unmittelbar vor der Stoßwellenbehandlung durchgeführt.


Fazit:

Die Thermoschocktherapie ist ein effektives, risikoarmes Verfahren zur Behandlung von Sportverletzungen und in der Schmerztherapie. Lediglich bei unsachgemäßer Handhabung besteht die Möglichkeit einer thermischen Schädigung (Kälteschaden). Alles in allem kann die Therapie eindeutig empfohlen werden. Sicher sind weitere Studien wünschenswert, um die bisher gezeigten guten Ergebnisse und die bislang positiven Anwendungserfahrungen zu unterstützen.

von Dr. med. Patric Behr

Veröffentlicht im „MedicalSportsNetwork“